Ästhetik der Auto-Anthropophagie

Zur Ambivalenz der Geschmacksregungen bei Bret Easton Ellis und Christian Kracht

Autor/innen

  • Peter Brandes Universität Hamburg

Abstract

Die auf den Romanen von Thomas Harris basierende Netflix-Serie Hannibal (2013-2015) endet mit einem Akt der Auto-Anthropophagie: In der Post-Credit-Szene sieht man die Psychiaterin Bedelia Du Maurier, die im Begriff ist ihr eigenes Bein zu verzehren. Dabei kommt der filmischen Inszenierung dieser Sequenz, in dem das kunstvoll angerichtete Fleisch auf dem mit Kerzen beleuchteten Tisch mit dem amputierten Bein der Psychologin unter dem Tisch kontrastiert, eine besondere ästhetische Qualität zu: Die Darstellung des kannibalischen Mahls ähnelt der Präsentation von Gerichten in Gourmet-Restaurants (eine in dieser Serie häufig verwendete Analogie), so dass die vermeintliche Barbarei des Kannibalismus in der Form der kulinarischen Hochkultur zum Ausdruck kommt.
Von einer ästhetischen Qualität des Kannibalismus zu sprechen, mag gleichwohl widersinnig erscheinen. Kannibalismus als Motiv ästhetischer Darstellung zu betrachten, ist nicht ungewöhnlich, den Kannibalismus selbst als ästhetisches Moment in der Darstellung anzusehen, jedoch schon. Diesem ästhetischen Aspekt des Kannibalismus, der über eine motivgeschichtliche Behandlung kannibalischer Akte hinausgeht, gilt im Folgenden mein Interesse. Es soll hierbei nicht der Versuch unternommen werden, den Kannibalismus mit den Begriffen einer Ästhetik des Hässlichen zu analysieren. Vielmehr soll der Blick auf diejenige ästhetische Dimension des Kannibalismus gerichtet werden, die man als eine durch die Figuration von Ambivalenz bestimmte Ästhetik der Auto-Anthropophagie bezeichnen könnte.

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Veröffentlicht

2025-01-17

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