Konstellationen des Opportunismus zwischen Sozialtheorie und Erzählpoetik in Gottfried Kellers Die Leute von Seldwyla

Autor/innen

  • Urs Giezendanner Zürich

Abstract

Während opportunistische Figuren einer moralisch funktionalisierten Literatur gemeinhin zur Darstellung und Verhandlung von Schuldzusammenhängen und Machtdynamiken dienen, stellen Gottfried Kellers Seldwyla-Novellen andere Aspekte von Opportunismus ins Zentrum: Opportunistische Akteure treten in Kellers Erzählungen als Figurationen einer Instabilität sozialer (Zeichen-)Ordnungen auf und dienen damit der prägnanten Narrativierung und Reflexion von Modernisierungsdynamiken. Damit geht eine Erzähl- und Gattungspoetik einher, die im Opportunismus die plotstrukturell einträglichen Momente der günstigen Gelegenheit sowie des situativen Betrugs sieht, und damit den Problemzusammenhang Moderne nochmal einer novellistischen Verdichtung zuführt, die der formlose Roman (als dezidiert modernes Genre) schon verabschiedet hatte. Diese Konstellation des Opportunismus zwischen Sozialtheorie und Erzählpoetik untersucht der Beitrag exemplarisch an den beiden Novellen Kleider machen Leute sowie Der Schmied seines Glückes, die innerhalb des Seldwyla-Zyklus das Sujet des Opportunismus zudem nicht zuletzt auch poetologisch auf die epochenspezifische Frage nach dem ‚Realen‘ und Wesenhaften beziehen.

 

Keywords

Gottfried Keller; Kleider machen Leute; Der Schmied seines Glückes; Opportunismus im Kontext von Erzähl- und Gattungspoetik; Modernereflexion; (Zeichen-)Ordnungen des Sozialen

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Veröffentlicht

2025-07-11