Buchbesprechung

zu: Anja K. Johannsen: "Kisten. Krypte. Labyrinthe. Raumfigurationen in der Gegenwartsliteratur: W.G. Sebald, Anne Duden, Herta Müller"

Autor/innen

  • Anne Hillenbach

Schlagworte:

Duden, Anne, Müller, Herta, 1955 -, Raum <Motiv>, Sebald, Winfried G., Rezension

Abstract

Rezension zu: Anja K. Johannsen: Kisten. Krypte. Labyrinthe. Raumfigurationen in der Gegenwartsliteratur: W.G. Sebald, Anne Duden, Herta Müller. Bielefeld: Transcript 2008. 237 Seiten. ISBN: 978-3-89942-908-4

Dass der Begriff ‚Raum' in den gegenwärtigen Literatur- und Kulturwissenschaften eine hohe Konjunktur besitzt, belegen nicht nur Begriffe wie spatial- oder topographical turn, sondern auch eine Vielzahl von Publikationen und Tagungen, die sich mit dem Raumbegriff auseinandersetzen. Trotz dieser immensen Präsenz der Raumtheorie wird immer wieder die Frage nach deren konkreter Anwendbarkeit gestellt. Diese Frage möchte Anja K. Johannsen in einer gut zweihundert Seiten langen Monographie für die Literaturwissenschaft beantworten. Sie wählt mit W. G. Sebald, Anne Duden und Herta Müller drei AutorInnen, in deren Werken Räume nicht nur ein „Modell der Struktur des Raumes der ganzen Welt" entwerfen (Lotmann nach Johannsen, S. 7), sondern auch zum organisierenden Modell des Textes werden. Dies bedeutet einerseits, dass sich die jeweiligen Raumentwürfe durch eine starke Semantisierung auszeichnen und andererseits, dass die literarischen Texte „ihr eigenes Funktionieren anhand dieser Raumfigurationen" beschreiben und damit drei Varianten „literarischer Selbstreflexion" vorlegen, „die auf je sehr spezifische Weise die Potentiale der Gegenwartsliteratur ausloten." (S.7) Der aktuellen Diskussion folgend, besitzt auch Anja K. Johannsen einen dynamischen Raumbegriff, der diesen als Produkt kultureller Bezüge begreift und als „Effekte körperlicher Praktiken" (S. 17) versteht. Für die Analyse des literarischen Raumes beruft sich Johannsen vorerst im Wesentlichen auf Elisabeth Bronfen, die zwischen drei Raumkategorien innerhalb der Textwelt unterscheidet, nämlich zwischen „konkret vorhandenen, begehbaren Räumen, Raummetaphern und Texträumen." (S. 19). Sich an diesem Muster orientierend arbeitet Johannsen mit drei Analyseschritten. Im ersten Schritt wird der Bestand aufgenommen, d.h., es werden die unterschiedlichen Raumtypen verzeichnet. Dann folgt die Analyse des Raums im Hinblick auf seine Semantisierung, also auf die Frage, inwiefern der beschriebene Raum eine „Ordnung des Koexistierenden" (S. 23) liefert. Im dritten und letzten Schritt geht es um die Bedeutung des Raums für die Struktur und Ordnung des Textes, folglich um die Reflexion seines Selbstverständnisses und der ihm zugrunde liegenden Poetologie. Diese Analyseschritte erweisen sich für Johannsens Vorhaben als äußerst zielführend und ermöglichen nicht nur kenntnisreiche, sondern auch nachvollziehbare Analysen.

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Veröffentlicht

2008-01-01

Ausgabe

Rubrik

Rezension