Die Großstadt als apokalyptischer Raum in der frühexpressionistischen Lyrik und Bildenden Kunst

Autor/innen

  • Franziska Thiel

Schlagworte:

Expressionismus, Großstadt <Motiv>, Weltuntergang <Motiv>

Abstract

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist die Apokalypse eine prominente Form der  künstlerischen  Artikulation.  Ihre  immanente  Zerstörungsgewalt schlägt  sich  nicht  nur  sozial  und  politisch  nieder,  sondern  auch  ideengeschichtlich und ästhetisch, wobei Negation, Abkehr von mimetischen Darstellungen  sowie Abstraktion und Destruktion gängige  Darstellungsmittel sind. Besonders in der Zeit um den Ersten Weltkrieglässt sich dabei eine „Hochkonjunktur apokalyptischer Bildlichkeit und Tonlagen“ erkennen.
Doch  was  verstehen  wir  eigentlich  unter  Apokalypse?  Im  allgemeinen Sprachgebrauch wie auch in den Künsten operieren wir mit einem Begriff, der  aus  dem  letzten  Buch  der  Bibel  stammt,  welches  seinen  Namen  aus dem ersten Wort im griech. Original erhielt: ??????????, was mit  Enthüllung oder  Offenbarung übersetzt  wird.  Als  Gattungsbezeichnung  Apokalyptik wird  der  Begriff  auf  religiöse  Schriften  angewandt,  die  geheimes Wissen über die Geschichte und Zukunft der Welt und deren Ende offenbaren. Obwohl  sich  apokalyptische  Schriften  schon  im  Alten  Testament finden, ist die  Johannesoffenbarungaus dem Neuen Testament Namensgeberin  dieser  literarischen  Gattung  und  hat  die  europäische  Geisteshaltung maßgeblich beeinflusst.
Die  Johannesoffenbarung  ist  geprägt  durch  ein  dichtes  Handlungs- und Bildgeflecht. Mit einer  Fülle an Bildfolgen werden die Schrecken der kommenden Endzeit, das Weltgericht und die Errichtung eines kommenden Heils dargestellt. Die  Apokalypse  enthält Motive, die zum kulturellen Gemeingut  avancierten.  So  verbinden  wir  mit  apokalyptischen  Szenarien beispielsweise  folgende  Beschreibung  aus  der  Offenbarung:  „da  ward  ein großes Erdbeben, und die Sonne ward schwarz wie einhärener Sack, und der Mond ward wie Blut, und die Sterne des Himmels  fielen auf die Erde“ (Offb 6,12–13).
Ferner sind die apokalyptischen Reiter sowie Plagen, Sintflut und Finsternis Motive, die wir mit Zerstörung und Weltuntergang assoziieren. Zudem findet sich in der  Apokalypseein steter Dualismus zwischen Alt und Neu,  Ende  und  Anfang,  Gut  und  Böse,  den  wir  auf  qualitativer,  moralischer  sowie  personaler  und  bildlicher  Ebene  auch  in  der  expressionistischen Kunst finden.

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Veröffentlicht

2013-01-01