Lebensregeln für Ausnahmemenschen. Gracián und Schopenhauer

Autor/innen

  • Giulia Radaelli

Schlagworte:

Gracián y Morales, Baltasar, Oráculo manual y arte de prudencia, Schopenhauer, Arthur, Rezeption

Abstract

Auf dreifache Weise schreibt Schopenhauer Graciáns Lebensregeln weiter: indem er das Oráculo manual ins Deutsche übersetzt, indem er seinen „Spanischen Favoritautor“ zitiert und indem er im Zuge seiner Gracián-Lektüre eigene Lebensregeln formuliert. Diese drei unterschiedlichen Rezeptionsweisen untersucht der folgende Beitrag. Nach einer kurzen systematischen Betrachtung von Schopenhauers Gracián-Zitaten und einigen Überlegungen zu dessen Verständnis des Oráculo manual im Kontext der 1832 abgeschlossenen Übersetzung wird der Status der Aphorismen als Lebensregeln bei Gracián und Schopenhauer diskutiert. Im Mittelpunkt steht dabei die grundsätzliche Frage nach der Rezeption der Lebensregeln selbst – wie sind sie zu lesen und zu leben?
In Die Lesbarkeit der Welt bescheinigt Hans Blumenberg Gracián eine „lebenslang getriebene Theorie der Lebenskunst“. Das Oráculo manual bezeichnet er daher als „Lebenskunstwerk“. Durch die „Gleichsetzung von Lebenskunst und Heiligkeit“ im letzten Aphorismus – „En una palabra, santo“ – sei die gesamte Aphorismensammlung „als Handreichung für das Arrangement mit der Vorläufigkeit aller Dinge“ zu lesen. „Arrangement“ steht hier nicht für eine künstlerische  Anordnung des Lebens, sondern meint eine Lebenskunst, die darin besteht, sich mit der diesseitigen Welt zu arrangieren. Der letzte Aphorismus empfiehlt dazu nur  noch die Tugend. Er wirkt wie eine salvatorische Klausel; nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass das Oráculo manual immer wieder als „Anweisung zum Machiavellismus der Lebenskunst“ gelesen wurde und wird.

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Veröffentlicht

2014-01-02

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